Dispositionsjahr
Ihre strategische Auszeit – clever, mutig, selbstbestimmt

Foto: Elnur, stock.adobe.com
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Sie haben ein „gutes“ Angebot auf dem Tisch: Aufhebungsvertrag oder Frühpension? Nach vielen Jahren im Job lockt endlich die Freiheit – vielleicht sogar mit einer ordentlichen Abfindung. In unseren Artikeln Aufhebungsvertrag? So treffen Sie die richtige Entscheidung! und Abfindungen und Arbeitslosengeld: Ein teures Spiel mit der Kündigungsfrist haben wir bereits ausführlich erläutert, worauf Sie im Einzelnen achten sollten. Dabei gibt es aber noch eine oft übersehene Option: das Dispositionsjahr – eine clevere Strategie, um Zeit zu gewinnen und Vorteile gezielt zu nutzen. Allerdings nur, wenn man es richtig macht.
Ein Dispositionsjahr kann eine interessante Zwischenlösung für all diejenigen sein, die nach dem Ausstieg aus dem Job nicht sofort wieder in das nächste Hamsterrad springen wollen. Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Nach Ende des Arbeitsverhältnisses melden Sie sich nicht sofort arbeitslos, sondern lassen ein Jahr verstreichen, bevor Sie sich bei der Agentur für Arbeit zurückmelden und Arbeitslosengeld (ALG) beantragen. In dieser Zeit haben Sie Ihre Ruhe – keine Termine, keine Pflichten und kein Vermittlungsstress. Währenddessen sind Sie für die Agentur für Arbeit praktisch „unsichtbar“: Sie tauchen quasi unter und das ganz legal.
Was bringt mir das?
1. Sperr- und Ruhenszeiten vermeiden
Wer aus einem Aufhebungsvertrag kommt, umgeht so mögliche Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld. Denn nach zwölf Monaten interessiert sich niemand mehr für die Gründe, warum das alte Arbeitsverhältnis endete – die Fristen sind dann schlichtweg abgelaufen.
2. Steuern sparen
Zusätzlich kann solch eine Auszeit auch steuerlich interessant sein: Wer das Arbeitslosengeld ins Folgejahr schiebt, kann profitieren. Die Abfindung und das Arbeitslosengeld werden dann nicht im selben Jahr versteuert. Vor allem bei größeren Beträgen kann sich das richtig lohnen.
3. Länger Arbeitslosengeld beziehen
Ab dem 58. Lebensjahr verlängert sich die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Wenn Sie während dieser Zeit 58 Jahre alt werden, verlängert sich Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld, und zwar von 18 auf bis zu 24 Monate. Ein echter Bonus, den viele nicht im Blick haben.
All das klingt ziemlich durchdacht. Das ist es auch, sofern man ein paar Dinge berücksichtigt.
Was sollten Sie vorher prüfen?
1. Anwartschaft auf Arbeitslosengeld (ALG):
Prüfen Sie Ihre Ansprüche: Sie müssen in den letzten 30 Monaten mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein, damit Sie nach dem Dispositionsjahr überhaupt Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Beachten Sie dabei auch, dass das ALG I in seiner Höhe gedeckelt ist. Die Beitragsbemessungsgrenze ist hier maßgeblich für die Berechnung. Einkommen oberhalb dieser Grenze wirkt sich nicht erhöhend auf das ALG I aus. All das lässt sich einfach bei der Agentur für Arbeit klären.
2. Rentenversicherung
Was viele nicht auf dem Schirm haben: Während des Dispositionsjahres sind Sie nicht gesetzlich rentenversichert. Keine Arbeit, keine Meldung bei der Arbeitsagentur – somit auch keine Beiträge, keine Rentenpunkte und kein rentenrechtlich anrechenbares Jahr. Für jemanden, der noch 20 Jahre von der Rente entfernt ist, ist das vielleicht verschmerzbar. Wenn Sie aber kurz vor dem Renteneintritt stehen, wird es kritisch.
Gerade bei den sogenannten Übergangsfristen kann ein beitragsfreies Jahr mehr kaputt machen, als einem lieb ist. Wer beispielsweise kurz davor steht, die 35 Versicherungsjahre zu erreichen, welche man für bestimmte Rentenarten braucht, der sollte sich gut überlegen, ob er sich diese Zeit „gönnt“. Auch die magische Grenze von 45 Beitragsjahren, die Ihnen eine abschlagsfreie Rente vor Erreichen der Regelaltersgrenze ermöglicht, könnte durch ein Dispositionsjahr ungewollt verfehlt werden.
Was nun? Wenn Ihnen Ihre Rentenpunkte wichtig sind, können Sie bis zum 31. März des Folgejahres freiwillig einzahlen und so das Beitragsjahr nachträglich „retten“. Dieser Weg ist zwar mit Kosten verbunden, aber er kann sinnvoll sein, um mögliche Lücken zu schließen oder um Wartezeiten zu erfüllen. Einfach bei der Rentenversicherung anrufen und durchrechnen lassen – es lohnt sich.
3. Krankenversicherung
Während des Dispositionsjahres sind Sie für Ihre Absicherung selbst verantwortlich. Wer in dieser Zeit keinen Anspruch auf eine Familienversicherung oder andere Lösungen hat, muss sich freiwillig versichern – gesetzlich oder privat. Die Beiträge hängen dabei vom Einkommen ab, oder falls keines vorhanden ist, von einem festgelegten fiktiven Mindesteinkommen. Das kann ordentlich ins Geld gehen. Den individuellen Beitragssatz erfahren Sie bei Ihrer Krankenkasse, da dieser stark von Ihrer persönlichen Lebenssituation abhängt.
Zusammenfassend gilt
Das Dispositionsjahr ist so etwas wie ein selbstgewähltes „Sabbatical“– allerdings mit einer klaren Strategie. Es kann eine richtig gute Entscheidung sein – für Kopf, Körper und das eigene Bankkonto. Reisen, lernen, ausspannen oder aber neu sortieren – alles ist möglich. Viele berichten, wie wertvoll diese Zeit für sie war.
Gönnen Sie sich die Auszeit, aber bitte mit klarem Plan und mit einem gezielten Blick auf die Details! Wer die Stolpersteine kennt, kann diese geschickt umgehen. Dann wird aus dem Dispositionsjahr genau das, was es sein soll: Eine kluge, selbstgewählte Pause, mit der Sie gestärkt in die nächste Lebensphase gehen.